Warum regnet es in Australien während El Niño?

Eine umfassende klimatologische Analyse zeigt, wie unterschiedliche Niederschlagsmuster während El Niño durch die Variabilität von Wettersystemen erklärt werden kann.

Alle 3-8 Jahre verursacht ein signifikanter Anstieg der Wassertemperatur im äquatorialen Pazifik globale Veränderungen von Temperatur und Niederschlag – das Phänomen „El Niño“. Während El Niño erwarten Peru und der Westen Nordamerikas überdurchschnittliche Niederschläge, doch gleichzeitig befürchtet der dicht besiedelte Südosten Australiens Dürreperioden und ein hohes Risiko von Buschfeuern. So wurde beispielsweise das letzte El-Niño-Ereignis 2015/2016 als das drittstärkste El-Niño-Ereignis seit 1965 eingestuft und war durch langanhaltende Hitzewellen, einen sehr frühen Beginn der Buschfeuersaison und eine rekordverdächtige Dürre gekennzeichnet. Dennoch wird El Niño nicht notwendigerweise mit einem Rückgang der Niederschläge im Südosten Australiens in Verbindung gebracht, wie die nahezu durchschnittlichen Niederschläge während des starken El-Niño-Ereignisses von 1997/1998 zeigen. Warum also regnet es in Australien während El Niño? Sind großräumige atmosphärische Strömungsmuster und eingebettete Wettersysteme für diese Niederschlagsvariabilität zwischen ähnlich starken El-Niño-Ereignissen verantwortlich?

In Zusammenarbeit mit Prof. Michael Reeder und Dr. Shayne McGregor von der Monash University in Melbourne wurden diese Fragen in unserer Arbeitsgruppe "Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit" [1] untersucht. Durch eine Clusteranalyse monatlicher Niederschlags-anomalien zwischen Juni und November konnten insgesamt vier Niederschlagsmuster im Südosten Australiens gefunden werden (Abb. 1): überdurchschnittlich viel Niederschlag im Südosten Australiens (Cluster 1), überdurchschnittlich wenig Niederschlag im Südosten Australiens (Cluster 2), ungewöhnlich feuchte Verhältnisse an der Ostküste (Cluster 3) und ungewöhnlich feuchte Verhältnisse an der Südküste (Cluster 4). Nahezu die Hälfte der betrachteten El-Niño-Monate werden dem trockenen Cluster (Cluster 2) zugeordnet, der die allgemeinen trockenen Bedingungen widerspiegelt, die im Südosten Australiens während El Niño erwartet werden.

Abbildung 1. Clustermittel der monatlichen Niederschlagsanomalien (in mm month-1) in Südostaustralien. Die Box zeigt die Region, welche für die Clusteranalyse der Niederschlagsanomalien verwendet wurde. Statistisch signifikante Anomalien sind gepunktet. Anomalien, die zusätzlich innerhalb des Clusters robust sind, können an schraffierten Flächen erkannt werden.

Um aus einer meteorologischen Perspektive zu verstehen, wie es zu solchen Niederschlagsmustern kommt, werden objektiv identifizierte Wettersysteme verwendet [2]. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Cut-off Zyklonen, extratropischen Zyklonen, Feuchtetransport, blockierende Hochdrucksysteme und warmen Förderbändern (engl. warm conveyor belts; WCBs), die den hauptsächlich aufsteigenden, niederschlagsreichen Teil der außertropischen Zyklone darstellen. Ungewöhnlich wenig Niederschlag im Südosten Australiens steht während El Niño im Zusammenhang mit einem blockierendes Hochdrucksystem zentriert über dem südlichen Teil des Kontinents (Abb. 2b). Dadurch wird die Häufigkeit von Wettersystemen wie WCBs, Cut-off Zyklonen und extratropischen Zyklonen unterdrückt. Im Gegensatz dazu findet man im ungewöhnlich nassen Clusters 1 ein signifikant erhöhtes Auftreten von blockierenden Hochdrucksystemen südöstlich von Australien und eine erhöhte Frequenz von Cut-off Zyklonen entlang der Südküste und WCBs weiter landeinwärts. Darüber hinaus unterstützt ein verstärkter Feuchtigkeitstransport aus den Tropen über den Kontinent die WCB-Aktivität im Südosten Australiens (Abb. 2a). Es ist die Veränderung der Häufigkeit von WCBs und Cut-off-Zyklonen, welche die nassen Bedingungen erklärt und nicht primär die Veränderung der Niederschlagsintensität.

Abbildung 2. Schematische Zusammenfassung der Strömungsanomalien und der Wettersystemanomalien für den nassen Cluster 1 (a) und den trockenen Cluster 2 (b) während El Niño. Die rote durchgezogene (blaue gestrichelte) Linie zeigt die clustergemittelte Position der positiven (negativen) Geopotentialanomalie auf 500 hPa. Regionen mit statistisch signifikanten und robusten Frequenzanomalien sind markiert (positiv: +, negativ: -): Cut-off Zyklonen (blau), WCBs (rosa) und blockierende Hochdrucksysteme (gelb).

 

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Die nassen Bedingungen während El Niño treten im Südosten Australiens auf monatlichen Zeitskalen aufgrund von Veränderungen in der Aktivität der Wettersysteme auf. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass diese Wettersysteme den Effekt von El Niño überlagern können, was wichtig ist, wenn eine gute Saisonvorhersage in dieser Region anstrebt wird.

Arbeitsgruppe:           Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit

Autoren:                      Seraphine Hauser, Julian Quinting, Christian Grams

Datum:                        27 April 2020

[1] Hauser, S., C. M. Grams, M. J. Reeder, S. McGregor, A. H. Fink, J. F. Quinting (2020) A weather system perspective on winter-spring rainfall variability in southeastern Australia during El Niño. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society. doi: 10.1002/qj.3808. Accepted.

[2] Sprenger, M., Fragkoulidis, G., Binder, H., Croci-Maspoli, M., Graf, P., Grams, C. M., Knippertz, P., Madonna, E., Schemm, S., Škerlak, B. and Wernli, H. (2017) Global climatologies of Eulerian and Lagrangian flow features based on ERA-Interim. Bulletin of the American Meteorological Society, 98, 1739–1748.