Vorhersage und schnelle Schadensabschätzung von Winterstürmen für Deutschland (CEDIM)

  • Ansprechperson:

    Prof. Dr. M. Kunz

  • Projektgruppe:

    IMK-TRO 

  • Förderung:

    CEDIM 

Zwischen Oktober und März zeichnen Winterstürme in weiten Teilen Mitteleuropas für den größten Teil der wetterbedingten Schäden verantwortlich;  mit dem besonders heftigen Orkan „Kyrill“ im Januar 2007 erreichten die Schäden alleine an versicherten Wohngebäuden mehr als 2 Milliarden US$. Andere bekannte Vertreter heftiger Winterstürme sind beispielweise „Anatol“ oder „Lothar“ im Jahr 1999. Im Rahmen des Projekts wurden Methoden entwickelt, mit denen zu erwartende Schadensummen durch schwere Winterstürmen über Europa auf der Grundlage von Vorhersagen und Messungen abgeschätzt werden können. Dieses Projekt ist Teil des Schwerpunkts der zeitnahen forensischen Katastrophenanalyse (FDA) von CEDIM.

Das Schadenpotential kann mit einem einfachen Sturmindex beschrieben werden, der sowohl die vom Sturm betroffene Fläche als auch die dort aufgetretenen Spitzenwindgeschwindigkeiten berücksichtigt. Als Datengrundlage dienen die gemessenen maximalen Tagesböen an den Stationen des Messnetzes des Deutschen Wetterdienstes. Die Buchstaben repräsentieren die Intensität eines Wintersturms (Prozentsatz der Landesfläche, auf der die Spitzenböen 135 km/h überschreiten). Die Ausdehnung des Sturmfeldes beschreiben die Zahlen 1, 2 oder 3, je nachdem, auf welchem Flächenanteil der Wind mindestens Sturmstärke (75 km/h) erreicht.

Abbildung 1: Sturmindex auf Basis von gemessenen Spitzenböen (Tageswerte) des Stationsmessnetztes des Deutschen Wetterdienstes.

Abbildung 2: Sturmindex einiger vergangener Winterstürme in Deutschland.
 

Die große Variabilität in der Repräsentativität der gemessenen Windgeschwindigkeiten (unterschiedliche Messhöhen, unterschiedliche Umgebungsbedingungen) macht eine Normierung der Böendaten erforderlich; außerdem entfalten Böen derselben Geschwindigkeit in unterschiedlichen Regionen ein ganz anderes Schadenpotential. Küstengebiete oder die Hochlagen der Mittelgebirge sind wesentlich öfter hohen Windgeschwindigkeiten ausgesetzt und in der Regel weniger schadenanfällig als Tieflagen des Binnenlandes. Die Normierung geschieht mit den Messdaten der gesamten Zeitreihe jeweils einer Messstation und bei Vorliegen ausreichend langer Datensätze (z.B. über einen Zeitraum von 5 oder 10 Jahren) können lokale Besonderheiten der Messung an einer Station beseitigt werden. Besonders gut eignet sich der Verwendung der 98%-Quantile der Tageswerte der Spitzenböen des gesamten Aufzeichnungszeitraumes einer Station (z.B. Klawa and Ulbrich, 2003). Die Datensätze aller täglich neu normierten Messreihen lassen sich in einen Index überführen, der sowohl historische als auch aktuelle Stürme für ganz Deutschland qualifiziert.
 

Abbildung 3: Maximale Böen bei „Lothar“, 26.12.1999 (links) und „Herwart“, 29.10.2017 (rechts). Die Farben entsprechen jeweils einer Bft-Stufe (rot: Bft 9 (>75 km/h), pink: Bft 12 (> 117 km/h)).  Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst.
 

Mit Hilfe von Daten der Spitzenwindgeschwindigkeit aktueller und historischer Winterstürme, Daten der Bevölkerungsdichte Deutschlands bzw. der versicherten Werte, sowie Schadendaten von Versicherungen für vergangener Sturmereignisse, kann ein Vorhersagesystem entwickelt und implementiert werden, das aktuelle Ensemble-Spitzenwind-Vorhersagedaten eines oder mehrerer Wettervorhersagemodelle in eine Sturmrisiko-Matrix überführt. Die Sturm-Risiko-Matrix gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Windschwellenwerte überschritten werden und welchen mutmaßlichen Schaden ein sich näherndes Sturmtief in Deutschland anrichten könnte.
 

Abbildung 4: Sturm-Risiko-Matrix aus Eintrittswahrscheinlichkeit unterschiedlicher Sturm-Intensitäten.

 

Literatur

Klawa, M. & Ulbrich, U. (2003):  A model for the estimation of storm losses and the identification of severe winter storms in Germany. Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 3, 725-732.