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Wolkenlebenszyklen und Flüssigwasser-/Eisübergänge aus Satellitendaten

Die zeitliche Entwicklung von konvektiven Wolken – von der Entstehung über das Gefrieren bis zur Auflösung – wird aus geostationären Beobachtungen abgeleitet

Wolken haben einen großen Einfluss auf Wetter und Klima. Dennoch ist immer noch im Detail unklar, was die Eigenschaften von Wolken beeinflusst, und Beobachtungen und Modelle stimmen oft nicht überein. Zum Beispiel ist es schwierig vorherzusagen, bei welcher Temperatur in Wolken Flüssigwasser zu Eis gefriert. Zwischen -38°C und 0°C können Wolken aus flüssigen Tröpfchen, Eiskristallen oder einer Mischung bestehen, aber es gibt keine vollständige Theorie, die beobachtete Wasser-/Eisverteilungen zuverlässig beschreibt. Im ERC Starting Grant Projekt C2Phase (Closure of the Cloud Phase) in der Arbeitsgruppe Wolkenphysik am IMK-TRO vergleichen und kombinieren wir Satellitenbeobachtungen und numerische Modelle, um die Entwicklung von Wolken und ihrer Wasser-/Eisverteilung unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen.

Satellitenaufnahmen liefern normalerweise einen Schnappschuss der mikrophysikalischen Eigenschaften von Wolken an einem Zeitpunkt ihrer Entwicklung. Wenn der Lebenszyklus von Wolken mit statistischen Methoden aus einem Komposit von Wolken abgeleitet wird, ist der Vergleich mit numerischen Modellen schwierig. Geostationäre Satelliten vermessen kontinuierlich die gleiche Region der Erde (siehe Video), und so können Wolken zeitlich nachverfolgt werden. In unserer Studie „tracken“ wir mit Hilfe eines Algorithmus, der Wolken erkennt und zeitlich zuordnet, die Eigenschaften von 796 konvektiven Wolken über Europa, die vom geostationären Satelliteninstrument SEVIRI aufgenommen wurden.

So können wir ein und dieselbe Wolke von der Entstehung bis zur Auflösung, inklusive des Übergangs von Flüssigwasser zu Eis, mit einer zeitlichen Auflösung von 15 Minuten beobachten. Daraus können wir die durchschnittlichen Eigenschaften der beobachteten konvektiven Wolken quantifizieren (siehe Abbildung). In der Anfangsphase nimmt die Tropfengröße zu, die Wolke wird dicker, und die Wolkenoberkante bewegt sich nach oben. Wenn das Gefrieren der Tropfen zu Eiskristallen einsetzt, steigt die Wolkenoberkante schneller an. Nach dem Wasser-/Eisübergang ist dieser Anstieg wieder langsamer und die Wolke breitet sich horizontal aus. Im reifen Stadium ist die Wolke optisch dick, die mittlere Eiskristallgröße nimmt ab und die Wolke bildet weiter einen Amboss aus.

Aus unseren Daten ergibt sich, dass die analysierten Wolken im Mittel bei -21.6°C gefrieren, und dass die Wolkentropfengröße dabei einen wesentlichen Einfluss auf die Temperatur des Phasenübergangs hat: Je größer die Tropfen, desto höher die Phasenübergangstemperatur der Wolke. Unsere Ergebnisse werden in verbesserte Parameterisierungen für numerische Modelle beziehungsweise in deren Evaluierung einfließen und damit Klimasimulationen verbessern. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Unsicherheit in der Vereisungstemperatur zu 20 bis 60% der Unsicherheit in der Gleichgewichts-Klimasensitivität beiträgt, d.h. der Stärke der Erwärmung bei einer Erhöhung des CO2-Gehalts.

 

 

Abbildung: Mittlere zeitliche Entwicklung von Eigenschaften konvektiver Wolken über Europa. Blaue Kreise: Wolkentropfen; gelbe Pfeile: horizontale Wolkengröße; grüne Pfeile: vertikale Erstreckung der Wolken; Grauskala: optische Dicke. t0 ist der Zeitpunkt des thermodynamischen Phasenübergangs.

 

Video: Wolkenoberkantentemperatur von Flüssigwasser- und Eiswolken aus SEVIRI-Beobachtungen.

Arbeitsgruppe Wolkenphysik