PANDOWAE / Predictability and Dynamics of Weather Systems in the Atlantic-European Sector

Projektbeschreibung

Thema des Teilprojektes MED der DFG-finanzierten Forschergruppe PANDOWAE (Predictability and Dynamics of Weather Systems in the Atlantic-European Sector, http://www.pandowae.de/) sind die Dynamik und die Vorhersagbarkeit von Zyklonen im Mittelmeergebiet. Ein Schwerpunkt der Arbeiten ist die Identifikation von Zyklonen und der sie generierenden zyklogenetischen Prozesse, die insbesondere im westlichen Mittelmeergebiet und im Südalpenraum zu extremen Wettererscheinungen wie Stürmen, Starkniederschlägen oder zu plötzlich auftretenden Sturzfluten führen. Beobachtungen und Statistiken zeigen, dass solche Extremereignisse nicht notwendigerweise an stark entwickelte Zyklonen gebunden sein müssen, sondern auch im Zusammenhang mit nur schwach ausgeprägten Tiefdruckgebieten auftreten können.

 

Monatliche Häufigkeit intensiver Zyklonen abgeleitet aus ERA-40 Analysen von 1957 bis 2002 (weiß) und monatliche Häufigkeit von Zyklonen mit Unwetterpotential (High Impact Weather, HIW, grey) im westlichen Mittelmeer (Homar et al., 2006).


Basis für diese Untersuchungen sind Modellberechnungen, die mit dem Vorhersagemodell COSMO (http://www.cosmo-model.org/ ) für ausgewählte Fälle von Mittelmeerzyklonen durchgeführt werden. Sowohl zur Herausarbeitung der Hauptantriebsmechanismen für die zyklogenetischen Prozesse, als auch zur Abschätzung der Vorhersageleistung des Modells für diese Prozesse dienen Modellsensitivitätsstudien im Hinblick auf

  • die turbulenten Flüsse von Impuls, Wärme und Wasserdampf in Bodennähe,
  • den Einfluss der Orographie,
  • die Parametrisierung von konvektiven Prozessen sowie
  • die Position und Intensität von Trögen und Feldern der potentiellen Vorticity in der mittleren und oberen Troposphäre.

Die Ergebnisse dieser Sensitivitätsstudien sowie die im Laufe des Projekts entwickelten und verwendeten Analysemodule werden im fortgeschrittenen Stadium des Projekts zur Entwicklung von Flugplänen für die HALO-Mission NEPTUN verwendet, welche für den Herbst 2012 im westlichen Mittelmeergebiet in Kooperation mit der ersten Feldphase von HyMeX vorgesehen ist.

In der Abbildung sind Ergebnisse einer COSMO-Modellrechnung für den auf Meeresniveau reduzierten Luftdruck für die Mittelmeerzyklogenese vom 28. bis 30. Oktober 2008 dargestellt. Die COSMO-Simulation wurde am 27. Oktober um 00 UTC gestartet und die gezeigten Druckfelder gelten für eine Vorhersagezeit von 36 Stunden (oben links), 48 Stunden (oben rechts), 60 Stunden (unten links) und 72 Stunden (unten rechts). Bei der Zyklogenese erfolgte zunächst ein großräumiger Druckfall über dem gesamten westlichen Mittelmeer auf der Vorderseite eines sich Spanien und Frankreich nähernden nordatlantischen Troges. Die hinter der zugehörigen Kaltfront einfließende Kaltluft dringt zwischen den Pyrenäen und dem Zentralmassiv, durch das Ebrotal, sowie um die Iberische Halbinsel durch die Straße von Gibraltar ins westliche Mittelmeergebiet vor. Infolge des durch die Um- und Überströmungseffekte in der unteren Troposphäre stark modifizierten Windfeldes treten starke Windscherungen über dem Mittelmeer auf, die zur Bildung von mesoskaligen Tiefdruckgebieten und den damit verbundenen Starkwindfeldern und Niederschlägen führen (36 h bis 60 h). Im weiteren Verlauf vereinigen sich diese nur flach in Bodennähe ausgeprägten Tiefs zu einer höherreichenden großskaligen Zyklone südlich der Alpen (72 h). 
 

COSMO-Simulation des Bodendruckfeldes (in hPa) der Mittelmeezyklogenese vom 28. bis 30. Oktober 2008. Oben links Simulationszeit 36 Stunden (28.10.2008, 12 UTC), oben rechts Simulationszeit 48 Stunden (29.10.2008, 00 UTC), unten links  60 Stunden (29.10.2008, 12 UTC) und  unten rechts  72 Stunden (30.10.2008, 00 UTC).

 

Die zugehörigen Flüsse fühlbarer (links) und latenter (rechts) Wärme in W m-2 für die Vorhersagezeit von 48 Stunden (oben) und 60 Stunden (unten) sind in der nächsten Abbildung dargestellt. Infolge des Vordringens der kalten Luft über das warme Wasser des Mittelmeeres erhöht sich die Labilität in der unteren Troposphäre und damit auch der turbulente vertikale Impulstransport, was zu einer Erhöhung der bodennahen Windgeschwindigkeit sowie der turbulenten Wärme- und Feuchteflüsse an der Wasseroberfläche führt. Der latente Wärmestrom überschreitet in den Gebieten mit der höchsten Windgeschwindigkeit 500 W m-2.  

COSMO-Simulation des Flüsse fühlbarer Wärme (links) und latenter Wärme (rechts)  der Mittelmeezyklogenese vom 28. bis 30. Oktober 2008. Oben jeweils für die Simulationszeit von 48 Stunden (29.10.2008, 00 UTC) und unten für  60 Stunden (29.10.2008, 12 UTC).

 

In der dritten Abbildung ist die zeitliche Entwicklung des Bias des flächengemittelten reduzierten Drucks für eine Reihe von zeitlich versetzt gestarteten COSMO-Läufen dargestellt. Als Referenz bei der Berechnung des Bias wurden Reanalysedaten des GME-Modells des Deutschen Wetterdienstes verwendet. Die x-Achse stellt die Zeitachse dar, der Nullpunkt entspricht dem 25. Oktober 2008, 00 UTC. Insbesondere in der Anfangsphase der Zyklogenese, chareakterisiert durch den großräumigen Druckabfall, unterscheiden sich die Ergebnisse der COSMO-Simulationen um bis zu 3 hPa von den entsprechenden Reanalysedaten, wobei der negative Bias mit zunehmender Simulationszeit anwächst. Ergebnisse aus COSMO-Läufen, die nach dieser Anfangsphase gestartet wurden, zeigen einen betragsmäßig deutlich kleineren Bias, der teilweise auch positiv ist.


 

Verlauf des Bias (in hPa) der simulierten Bodendruckfelder bei zeitlich versetzt gestarteten COSMO-Modellläufen. Erläuterungen siehe Text.


Ein erster Vergleich der meteorologischen Felder aus den COSMO-Simulationen mit den Reanalysedaten des GME zeigt für diesen Zyklogenesefall eine qualitativ recht gute Vorhersage. Eine objektive Bewertung der Vorhersagegüte kann erst nach einer Verifikation auf der Basis von Reanalysedaten sowie von synoptischen und aerologischen Beobachtungen erfolgen. Ein Problem stellt die Bewertung der Lage, Ausdehnung und Intensität der im Modell berechneten Niederschlagsfelder dar, da entsprechende Messungen über den Wasserflächen des Mittelmeers nicht mit genügender Genauigkeit zur Verfügung stehen.

Weitere Arbeitsschwerpunkte werden die Quantifizierung der zyklogenetischen Faktoren sein. Hierzu sind Bilanzierungen des Wärme- und Wasserhaushalts sowie eine Berechnung der Hebungsantriebe im Modellgebiet bzw. in Teilgebieten geplant. Die Rolle der Orographie, der hochreichenden Konvektion sowie des synoptischen Antriebs bei der Zyklogenese sollen durch weitere Modellrechnungen mit verändertem synoptischen Antrieb, der Anwendung des in COSMO optional implementierten Kain-Fritsch-Konvektionsschemas oder mit geänderter Orographie untersucht werden.

Zukünftig sind Modellrechnungen für weitere Zyklogenese-Fälle wie z.B. eine klassische Alpen-Leezyklogenese, eine Leezyklogenese am Atlas-Gebirge mit einer nach Oberitalien gerichteten Zugbahn sowie für die kleinräumigen, aber intensiv ausgeprägten Medicane vorgesehen.