LAERTES-EU: Neues regionales Klimamodell-Ensemble mit hohem Anwendungspotential

Viel hilft viel: Große Datenmengen reduzieren die statistische Unsicherheit bei der Analyse von extremen Wetterphänomenen und deren Auswirkungen.

Extremereignisse, wie Starkregen, schwere Hochwasser, Hitzewellen oder Stürme verursachen immer wieder immense Sachschäden („impacts“). Da jedes dieser Ereignisse für sich genommen einzigartig ist, braucht es eine große Anzahl solcher Extreme, um die damit verknüpften Prozesse zu verstehen. Solche Extremereignisse treten aber sehr selten auf. Geeignete Beobachtungsdaten liegen vor allem in der Fläche nur für einige 10-Jahre vor und reichen daher zur umfassenden Untersuchung der Häufigkeit und möglichen Intensität solcher Wetterextreme oft nicht aus.

Um dieses Problem zu lösen kann man entweder synthetische Ereignisse generieren, etwa mit so genannten Wettergeneratoren, oder man nutzt zahlreiche Simulationen numerischer Wetter- oder Klimamodelle. Zu der zweiten Variante gehört auch das neue LAERTES-EU Ensemble (LArge Ensemble of Regional climaTe model Simulations for EUrope), dass aus über 1000 Simulationen mit etwa 12000 Simulationsjahren mit dem regionale Klimamodell COSMO-CLM besteht [1]. Dabei lässt man das Setup des regionalen Modells unverändert und treibt es mit unterschiedlichen Randdaten (z.B. verschiedene globale Modellsimulationen) an, was jedes Mal zu leicht unterschiedlichem Verlauf bei konsistenter langfristiger Entwicklung führt und somit die physikalisch mögliche Bandbreite an Ereignissen abdeckt. LAERTES-EU ist Teil des im MiKliP-Projekt (Mittelfristigen Klimaprognosen [2]) erstellten umfassenden Simulations-Ensembles zur dekadischen Klimaprognose. Mit diesem Ensemble werden die letzten 60 Jahre durch eine Vielzahl von Simulationen abgedeckt. Um die Qualität der Modelldaten weiter zu erhöhen, wurden nachträgliche einige Aufbereitungen wie zum Beispiel eine Bias-Korrektur durchgeführt, um systematische Unterschiede zwischen Modell und Beobachtungen zu minimieren.

Das LAERTES-EU Ensemble kann für verschiede wissenschaftliche Untersuchungen aber auch für Anwendungen darüber hinaus verwendet werden. Dabei erlaubt es die besondere Ensemble-Größe auch vergleichsweise kleine Variationen und Signale statistisch robust zu ermitteln. Abbildung 1 zeigt exemplarisch eine Analyse des langzeitlichen Verlaufs für die stärksten 1% der Niederschläge in Mitteleuropa (99% Perzentil) [1]. Obwohl die einzelnen Mitglieder des Ensembles stark voneinander abweichen, ist im langjährige Mittel eine Zunahme über die letzten 120 Jahre zu erkennen. Weil die Mehrheit der Mitglieder dieselbe Tendenz zeigt, ist diese aus statistischer Sicht signifikant, also sehr wahrscheinlich. Insgesamt ergeben die Analysen, dass LAERTES-EU eine realistische Variabilität auf verschiedenen Zeitskalen und in Häufigkeitsverteilungen zeigt.

LAERTES-EU wird auch für andere Anwendungen, etwa als Eingangsdaten für hydrologische Abflusssimulationen zur Quantifizierung des Hochwasserrisikos in verschiedenen Flüssen und Ländern, verwendet [3]. Derartige Risikoanalysen sind in der Versicherungswirtschaft von großer Bedeutung. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt ClimXtreme [4], wo aktuell untersucht wird, wie sich Häufigkeit, Intensität und Dauer von Extremereignissen aller Art in der Vergangenheit entwickelt haben und mit welcher weiteren Entwicklung in der Zukunft zu rechnen ist. Darüber hinaus hat das Projekt RegIKlim/NUKLEUS [5] zum Ziel, Klimamodelldaten so aufzubereiten, dass Anwender aus unterschiedlichsten Bereichen (Wasserbau, Forst, Stadtentwicklung, etc.) diese gezielt und direkt nutzen können.

Abbildung 1: Zeitreihe des 99% Perzentils des täglichen mittleren Gebietsniederschlags in Mitteleuropa. Die durchgezogene Linie repräsentiert den LAERTES-EU Ensemble Mittelwert, die Punkte die einzelnen Mitglieder. Die Vergangenheit (hier 1900-2017) ist in grau/schwarz, die Zukunftsprojektionen (2018-2028) in rötlich Farben gehalten.

Literatur:

[1] Ehmele, F.; Kautz, L.-A.; Feldmann, H.; Pinto, J. G. (2020): Long-term variance of heavy precipitation across central Europe using a large ensemble of regional climate model simulations. Earth System Dynamics, 11(2), 469-490, https://doi.org/10.5194/esd-11-469-2020

[2] Marotzke J., et al. (2016): MiKlip – a National Research Project on Decadal Climate Prediction. Bull Amer Meteorol Soc, 97:2379–2394. https://doi.org/10.1175/BAMS-D-15-00184.1

[3] Ehmele, F.; Kautz, L.-A.; Kadlec, M.; He, Y.; Lentink, H. S.; Feldmann, H.; Manful, D.; Kelemen, F. D.; Ludwig, P.; Pinto, J. G.: Adaptation and Application of the LAERTES-EU Data set for Hydrological Issues and Catastrophe Modeling, Hydrology and Earth System Science, (in Vorbereitung)

[4] https://www.climxtreme.net/

[5] https://www.fona.de/de/massnahmen/foerdermassnahmen/RegIKlim/nukleus.php

Florian Ehmele, AG “Regionales Klima und Wettergefahren”