Dem Wasser über Afrika auf der Spur

Wasser ist das wichtigste Element für das Leben auf der Erde. Es verdunstet über den Ozeanen oder durch Pflanzen, Winde transportieren es über den ganzen Globus, es kondensiert oder gefriert in Wolken, regnet oder schneit aus, verdunstet wieder in der Luft oder erreicht den Boden als Niederschlag. Diesen so genannten atmosphärischen Teil des hydrologischen Zykluses im Detail zu modellieren ist immer noch eine große Herausforderung, selbst für sehr große Computer. Eins der ungelösten Probleme in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Wasserdampfmessungen uns zwar dessen Menge aber nicht dessen Herkunft anzeigen. Daher ist es schwer Fehler beim Wassertransport oder bei Phasenumwandlungen in unseren Modellen zu identifizieren.

Abb.1: Wasserdampf (H2O)–δD-Paar-Verteilungen aus Satellitenbeobachtungen in vier verschiedenen Regionen. Die durchgezogenen blaugrünen und orangenen Linien sind Beispielkurven für Austrocknung durch Regen (erwartet über dem Atlantik und Alaska) und durch Vermischen mit trockener Luft (erwartet über dem Persischen Golf und Südafrika).

Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist die Bestimmung des relativ kleinen Anteils von „schweren“ Wasserisotopologen, d.h. Wassermolekülen mit schwerer als normalen Wasserstoff- oder Sauerstoffatomen (z.B. ausgedrückt durch δD, siehe Abbildung 1). Dieser Anteil hängt von vielen Faktoren wie zum Beispiel der Wassertemperatur bei der Verdunstung oder von Phasenänderungen in der Atmosphäre ab und gibt daher Hinweise auf die Herkunft des Wassers. Solche Ansätze werden schon seit Langem für die Analyse von Regenwasser oder Eisbohrkerne benutzt, aber erst seit Kurzem sind Instrumente entwickelt worden, um Isotopologen in der Gasphase zu messen bzw. sie vom Boden oder aus dem All per Fernerkundung zu bestimmen. Außerdem wurden Wasserisotopologe inzwischen in Wetter- und Klimamodelle eingebaut, um diese besser mit der wachsenden Anzahl von Beobachtungen vergleichen zu können.

Das vor Kurzem gestartete Projekt MOTIV (MOisture Transport pathways and Isotopologues in water Vapour) nutzt diesen vielversprechenden neuen Ansatz zur Untersuchung von Fehlerquellen im Wassertransport und Niederschlag im Wettervorhersagemodellen des Deutschen Wetterdienstes. Das Projekt wird gemeinsam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Schweizer Nationalfond gefördert und von Dr. Matthias Schneider geleitet. In diesem Projekt arbeiten Experten in atmosphärischer Dynamik, Fernerkundung und Informatik zusammen. Innerhalb des KIT sind das Mitglieder der zwei IMK-Departments TRO und ASF sowie des Steinbuch Center for Computing plus externe Wissenschaftler der ETH Zürich und der Freien Universität Berlin.

Abb.2: Mitglieder von MOTIV beim ersten Projekttreffen in Karlsruhe am 16. Mai 2018. Von links: Franziska Aemisegger (ETHZ), Benjamin Ertl (SCC), Peter Knippertz (IMK-TRO), Matthias Schneider (IMK-ASF), Heini Wernli (ETHZ), Christopher Diekmann (IMK-ASF), Fabienne Dahinden (ETHZ), Stephan Pfahl (FUB, via Skype).

Aufgrund der langjährigen Expertise in tropischer Meteorologie in der Arbeitsgruppe „Atmosphärische Dynamik“ am IMK-TRO (Leitung Prof. Dr. Peter Knippertz) liegt ein Focus der Untersuchungen in der Region des westafrikanischen Monsuns. Dieses großräumige Zirkulationssystem ist bekanntermaßen schwierig zu modellieren, was zu unzuverlässigen Wettervorhersagen und unsicheren Klimaprojektionen führt. Man hat schon lange vermutet, dass erhebliche Menge von Wasser auf ihrem Weg vom tropischen Atlantik ins Landesinnere „recycelt“ werden, d.h. ausregnen und wiederverdunsten, aber dieser Prozess konnte bisher nie quantifiziert werden. Andere kaum verstandene Prozesse sind der Vertikaltransport von Wasser durch große Gewitterkomplexe oder durch trockene Thermik über der heißen Sahara. “MOTIV gibt uns eine vollkommen neue Perspektive auf viele Faktoren im hydrologischen Zyklus”, sagt Knippertz, “und wir sind sehr gespannt auf die ersten Ergebnisse unserer Modell- und Satellitendatenanalyse.”

[Arbeitsgruppe: Atmosphärische Dynamik]