Die Auswirkungen der Aufforstung auf den tageszeitlichen Temperaturzyklus

Aufforstung ist eine vieldiskutierte mögliche Maßnahme um die Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels abzumildern. Dabei beeinflussen Veränderungen der Waldbedeckung nicht nur den globalen Kohlenstoffkreislauf, sondern auch die regionale Energie- und Wasserbilanz. Zum einen absorbieren Wälder, durch ihre geringere Albedo, mehr kurzwellige Strahlung als Grasflächen. Zum anderen verfügen sie über einen höheren LAI und eine höhere Oberflächenrauigkeit, wodurch die turbulenten Wärmeflüsse in die Atmosphäre erhöht werden. Ob es bei einer Aufforstung zu einer regionalen Erwärmung oder Abkühlung kommt, hängt daher vom Verhältnis dieser beiden Komponenten zueinander ab.  

Da sich die Gewichtungen dieser Prozesse unterscheiden können, kann eine Aufforstung zu regional unterschiedlichen Reaktionen führen. Während eine Aufforstung in den Tropen mit einer Abkühlung verbunden ist, führt sie in den hohen Breiten zu einer Erwärmung. Die Auswirkungen einer Aufforstung auf den Übergangsbereich in den mittleren Breiten, werden daher innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft durchaus kontrovers diskutiert. Die Ergebnisse von Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass es durchaus auch dort zu einer konsistenten Temperaturreaktion im Sommer kommt. So zeigen die Daten von Satellitenmessungen und Messtürmen übereinstimmend, dass eine Aufforstung mit geringeren Oberflächentemperaturen am Tag und einer verringerten Abkühlung während der Nacht verbunden ist. Aber bisher ist es noch nicht gelungen diese Temperaturreaktionen innerhalb von Modellstudien konsistent zu reproduzieren. Manche Modelle simulieren eine Erwärmung, manche eine Abkühlung.

Um die Ursachen für die fehlende Übereinstimmung zwischen den Modellen und den Beobachtungen genauer zu untersuchen, werden im Rahmen des LUCAS (Landnutzung und Klima auf unterschiedlichen Skalen) Projekts erstmals die Effekte einer Aufforstung mit Hilfe einer koordinierten Modellvergleichsstudie berücksichtigt. Dafür werden mit einem Ensemble von regionalen Klimamodellen, extreme Landnutzungsszenarien für Europa simuliert. Im ersten Experiment wird dabei Europa komplett mit Wald bedeckt (FOREST), im zweiten wird die Waldbedeckung in Grasflächen umgewandelt (GRASS).

Abb. 1: Unterschiede in den mittleren saisonalen Oberflächentemperaturen im Sommer (JJA) zwischen der FOREST und der GRASS Simulation für alle RCMs im LUCAS-Ensemble. Die Ergebnisse sind als Feldmittel über der Iberischen Halbinsel dargestellt.

Die Ergebnisse dieser LUCAS-Ensemble Simulationen zeigen, dass die meisten Modelle im Sommer kältere Oberflächentemperaturen am Tag und eine verringerte Abkühlung in der Nacht simulieren (Abb. 1). Durch diese Simulationen können also zu ersten Mal die beobachteten Temperaturreaktionen auf eine Aufforstung im Rahmen einer Modellvergleichsstudie reproduziert werden. Die Ergebnisse einer zusätzlichen Sensitivitätsstudie deuten darauf hin, dass dieses Temperaturverhalten mit der erhöhten Rauigkeit eines Waldes gegenüber einer Grasfläche verbunden ist. Die höhere Rauigkeit erhöht dabei die turbulente Durchmischung innerhalb der bodennahen Atmosphäre, was zur Folge hat, dass der Oberfläche tagsüber Wärme entzogen und in die Atmosphäre abgegeben wird. Die Oberflächentemperaturen sind daher bei einem Wald geringer als bei einer Grasfläche. Nachts führt die erhöhte turbulente Durchmischung zu einem erhöhten Transport turbulenter Wärme von der Atmosphäre zum Boden hin, was eine verringerte nächtliche Abkühlung der Wälder zur Folge hat. Der Tagesgang der Temperatur wird daher durch eine Aufforstung an der Oberfläche verringert und in der bodennahen Atmosphäre erhöht (Abb. 2).

Abb.2: Unterschiede im mittleren saisonalen Tagesgang der Temperatur im Sommer (JJA) zwischen der FORREST und der GRASS Simulation für alle RCMs im LUCAS -Ensemble. Die Ergebnisse sind als Feldmittel über der Iberischen Halbinsel dargestellt.

Literatur: Breil, M., and Coauthors (2020). The Opposing Effects of Reforestation and Afforestation on the Diurnal Temperature Cycle at the Surface and in the Lowest Atmospheric Model Level in the European Summer. Journal of Climate, 33(21), 9159-9179.

 

Arbeitsgruppe: Regionales Klima und Wasserkreislauf