Hagel: Gefahr aus dem Himmel wächst

 

Abb. 1: Häufigkeit von Hagel in Europa, abgeleitet aus Satellitendaten und Modelldaten (2004-2014). In Deutschland ist vor allem der Süden betroffen, besonders an den windabgewandten Seiten von Höhenzügen (Grafik: Dr. Heinz Jürgen Punge, KIT).

Hagelstürme richten schwere Schäden an – und infolge des Klimawandels werden sie künftig voraussichtlich häufiger und heftiger auftreten. Um den aktuellen Stand der Hagelforschung zu erörtern, richtete das Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenforschung (IMK-TRO) vom 15. bis 18. März 2021 den 3rd European Hail Workshop im Online-Format aus. Dabei fanden über 180 Expertinnen und Experten aus Atmosphärenforschung, Wetterdiensten, Versicherungen, Wirtschaft und Landwirtschaft virtuell zusammen.

Die sich in Gewitterwolken bildenden Hagelkörner erreichen bisweilen Durchmesser von mehreren Zentimetern. Daher stellen schwerer Hagelstürme erhebliche Gefahren für Menschen, Gebäude, Fahrzeuge und landwirtschaftliche Kulturen dar. Innerhalb von wenigen Minuten können Schäden bis in Milliardenhöhe entstehen. Infolge des Klimawandels werden Hagelstürme künftig voraussichtlich in den meisten Regionen heftiger verlaufen und in manchen Regionen, auch in Europa, häufiger auftreten. Dies berichten Forschende des IMK-TRO am KIT zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Australien, der Schweiz, den USA und China in der Zeitschrift Nature Reviews Earth & Environment (doi:10.1038/s43017-020-00133-9). Die menschengemachte Erderwärmung lässt erwarten, dass die bodennahe Luftfeuchte und damit auch die Instabilität der Atmosphäre zunehmen werden, was die Wahrscheinlichkeit von Hagelstürmen erhöht und die Bildung größerer Hagelkörner ermöglicht. Da Hagelstürme insgesamt relativ selten und zudem räumlich begrenzt sind, mangelt es noch an Daten aus langfristigen Beobachtungen und an hochauflösenden Modellierungen, wie sie für ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels auf Hagelstürme erforderlich sind.

Forschung verbessert kurzfristige Vorhersage

Das Wissen über die genauen Ursachen von Hagelstürmen, deren Zusammenhang mit dem Klimawandel, regionale Wahrscheinlichkeiten sowie damit verbundene Risiken ist noch immer unzureichend. Auch die Vorhersage derartiger Ereignisse anhand numerischer Modelle auf verschiedenen Zeitskalen, beispielsweise im Kürzestfristbereich bis zwölf Stunden, ist noch immer mit großen Unsicherheiten behaftet. Umso interessierter sind Forschende und verschiedene Stakeholder an einem interdisziplinären und internationalen Austausch. Das IMK-TRO organisierte daher zusammen mit dem Oeschger Centre for Climate Change Research (OCCR) und dem Mobiliar Lab für Naturrisiken der Universität Bern sowie den Wetterdiensten MeteoSchweiz und Deutscher Wetterdienst (DWD) den 3rd European Hail Workshop in digitaler Form vom 15. bis 18. März 2021.

Workshop verbindet Wissenschaft und Wirtschaft

Insgesamt nahmen 184 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 24 Ländern bzw. aus allen Kontinenten an dem Workshop teil. Um die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft weiter auszubauen, richtete sich der 3rd European Hail Workshop auch an Ingenieurbüros und Betriebe, die sich beispielsweise mit der Hagelwiderstandsfähigkeit von Baumaterialien beschäftigen. Denn der Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen und Anwendungsbereichen ist Voraussetzung für Fortschritte in wichtigen Themenfeldern, beispielsweise bei der Verbesserung der Vorhersage und auch des Nowcastings für den Bereich von zehn Minuten bis zwei Stunden, sowie für wirksame Maßnahmen der Schadensverhütung und Schadensabwehr.

Abb. 2: Teilnehmerkarte des 3rd European Hail Workshop. Insgesamt nahmen 184 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 24 Ländern bzw. aus allen Kontinenten an dem Workshop teil.

Bei dem Workshop erörterten Forschende aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Expertinnen und Experten von Wetterdiensten und Versicherungen, aus Wirtschaft und Landwirtschaft den aktuellen Stand der Hagelforschung. Unter anderem ging es dabei um Defizite und Lösungsmöglichkeiten in der Hagelmodellierung und der Hagelanalyse, die Verbesserung der Methoden zur Bestimmung von Hagelsignalen aus Fernerkundungsinstrumenten (Radar, Satellit, Blitzdetektion), die Frage, welche Prozesse durch den Klimawandel besonders modifiziert werden, und bei welchen Umgebungsbedingungen großer Hagel bevorzugt in verschiedenen Regionen der Erde entsteht. Der Workshop zielte auch darauf, den direkten wissenschaftlichen Austausch und Kooperationen zu fördern und die internationale Zusammenarbeit zu stärken.

Im Fokus des Workshops standen die Themen „Hail damage and damage prevention“, „Hail climatology, risk and loss“, „Convection and hail in a changing climate“, „Hail detection and forecasting“ sowie „Microphysics and dynamics of hailstorms“. Um den Workshop virtuell durchführen zu können, wurde sehr erfolgreich auf die Konferenzplattform QiqoChat zurückgegriffen. Mittels einer web-basierten Oberfläche wurde der Workshop mit verschiedenen virtuellen Räumen (Zoom-basiert) aufgesetzt, die die Bewegungsfreiheit repliziert, die Teilnehmer bei Präsenzveranstaltungen genießen. Die Teilnehmer konnten so selbständig entscheiden, an welchem Vorträgen, Posterbeiträgen oder Diskussionsgruppen sie teilnehmen wollten. Das coronabedingte virtuelle Format wurde von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr gelobt.

Abb. 3: Um den Workshop virtuell durchzuführen zu können, wurde die Konferenzplattform QiqoChat genutzt. Mittels einer web-basierten Oberfläche wurde der Workshop mit verschiedenen virtuellen Räumen (Zoom-basiert) aufgesetzt, die die Bewegungsfreiheit repliziert, die Teilnehmer bei Präsenzveranstaltungen genießen.

 

Artikel basiert auf einer KIT Presseinformation:
Angepasste Version der Presseinformation des KIT 021/2021 “Hagel: Gefahr aus dem Himmel wächst“.

Interview mit Prof. Michael Kunz (Campusreport am 16.3.2021):
„Mehr Hagel durch Treibhauseffekt?“ - Unter der Federführung des KIT hat der 3.Europäische Hagelworkshop begonnen https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000130562.

Publikation:
Timothy H. Raupach, Olivia Martius, John T. Allen, Michael Kunz, Sonia Lasher-Trapp, Susanna Mohr, Kristen L. Rasmussen, Robert J. Trapp & Qinghong Zhang (2021): The effects of climate change on hailstorms. Nature Reviews Earth & Environment, doi:10.1038/s43017-020-00133-9.

Link zur Workshop-Webseite inkl. Programm: https://ehw2020.imk.kit.edu
 

Arbeitsgruppe: Atmosphärische Risiken
Autoren: Susanna Mohr und Michael Kunz