Fortgeschrittene Bodenmessung zur Unterstützung fortgeschrittener Radare

Die Größe, für die sich die meisten Nutzer am stärksten interessieren, können Radargeräte gar nicht messen: Die Niederschlagsintensität („Regenrate“). Radare erfassen nur die Reflektivität des Niederschlags. Grob hängen Reflektivität und Regenrate zusammen. Doch solange die Größe der Niederschlagsteilchen unbekannt ist, bleibt der Fehler recht groß. Niederschlag mit großen Tropfen (etwa Schauer und Gewitter) wird tendenziell überschätzt, kleintropfiger Regen (Niesel) unterschätzt.

Die neuesten Niederschlagsradare verwenden deshalb die Möglichkeit, den Niederschlag in zwei verschiedenen Polarisationsrichtungen zu messen. Mit der horizontal polarisierten Radarwelle wird – anschaulich gesprochen – die Breite der Tropfen gemessen, mit der vertikal polarisierten Welle ihre Höhe.  Da kleine Tropfen perfekt kugelförmig sind und große Tropfen mehr und mehr abplatten, kann man zumindest einen Schätzwert für die mittlere Tropfengröße aus dem Verhältnis von Höhe zu Breite bestimmen.

Bild 1: Beispiel für die Messung mit einem Parsivel: Dargestellt ist die Verteilung der Tropfen vom 10.06.2021 (ganzer Tag) nach Tropfendurchmesser und Fallgeschwindigkeit. Die meisten Topfen traten zwischen ca. 0.5 mm und 1.2 mm Durchmesser auf. Zusätzlich eingezeichnet ist eine Modellkurve, die angibt, wie schnell Tropfen welcher Größe etwa fallen. ©J.Handwerker, KIT
 

Traditionell verbessert man die Niederschlagsbestimmung durch Radare, indem man das Bodenmessnetz von Niederschlagsmessern (sogenannten Ombrometern) ausnutzt. An den Stellen, an denen ein Ombrometer steht, kann man den vom Radar bestimmten Niederschlag entsprechend anpassen und den Anpassungsfaktor übernimmt man dann auch in der Nähe.

Um vom Bodenmessenetz zusätzliche Informationen zu bekommen, die es erlauben auch polarimetrische Messgrößen am Boden zu überprüfen, hat das  IMK-TRO in seinen KITcube (https://kitcube.kit.edu) jetzt ein Messnetz aus 23 Geräten integriert, die in der Lage sind, nicht nur den gesamten Niederschlag zu bestimmen, sondern die Größe und Fallgeschwindigkeit jedes einzelnen Niederschlagsteilchens zu messen. Diese Geräte, die unter dem Namen Parsivel (für Particel Size and Velocity) vertrieben werden, wurden ursprünglich am IMK-TRO entwickelt. Sie kommen während der Messkampagne Swabian MOSES (https://www.swabianmoses.de,
https://www.kit.edu/kit/pi_2021_041_von-gewittern-uber-starkregen-bis-durreperioden.php) erstmalig zum Einsatz.

 

Bild 2: Während die anderen Parsivels gleichmäßig verteilt sind, stehen am Hauptstandort drei Geräte direkt nebeneinander, um die Übereinstimmung der Parsivels untereinander zu prüfen.©J. Handwerker, KIT
 

Ausgestattet mit einer Solaranlage und einem Handymodem arbeiten die Geräte vollständig autark und senden stündlich ihre Messdaten an die Zentrale des KITcube. Da nicht nur die Größe sondern auch die Geschwindigkeit der Niederschlagsteilchen gemessen wird, lässt sich auch zwischen Regen, Graupel, Hagel und Schnee unterscheiden. Auch dies versucht man aus den polarimetrischen Radardaten zu ermitteln.

Arbeitsgruppe: "Landoberflächen und Grenzschicht"