Erste systematische Verifikation von "warm conveyor belts" in Wettervorhersagemodellen

Als warm conveyor belts (WCBs) werden Luftströmungen bezeichnet, die im Warmluftbereich von Tiefdruckgebieten aus bodennahen Luftschichten innerhalb von zwei Tagen bis in die obere Troposphäre in 8-12 km Höhe aufsteigen. Dabei kommt es während des Aufstiegs zu Kondensation, der Bildung von Wolkentröpfchen und der damit verbundenen Freisetzung von latenter Wärme. Diese sogenannten diabatischen Prozesse sind wichtig für die Eigenschaften der aufsteigenden Luftmassen, die Intensität des Luftmasseneintrags in die obere Troposphäre und den Einfluss auf die Atmosphärendynamik in 8-12 km Höhe. Die Luftmassen können in dieser Höhe entscheidend dazu beitragen, dass sich Hochdruckgebiete aufbauen, sich verstärken oder für einen längeren Zeitraum an Ort und Stelle verweilen. Solche blockierenden Wetterlagen sind oftmals mit Hitzewellen im Sommer und Kaltluftausbrüchen im Winter verbunden. Entsprechend ist eine verlässliche Vorhersage aufgrund der sozio-ökonomischen Auswirkungen von enormer Bedeutung. Im Vergleich zu anderen Wetterlagen ist die Vorhersage von blockierenden Wetterlagen über Europa für die derzeitigen Wettervorhersagemodelle immer noch eine große Herausforderung [1].

Abb. 1: WCB Ausströmen (8-12 km Höhe): Häufigkeit (Konturen: 0.5, 5,10 %) und Modellfehler (Farbe) an Tag 3 der Vorhersage (Winter, 1997-2017)

Die Nachwuchsgruppe „Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit“ setzt mit dem Projekt „SPREADOUT“ (Sub-seasonal predictability: understanding the role of diabatic outflow) genau an dieser Stelle an und untersucht den Einfluss diabatischer Prozesse im WCB auf die großräumige Strömung und wie gut numerische Wettervorhersagemodelle dies vorhersagen. Dabei entwickeln wir statistische Methoden [2][3][4], die es zum ersten Mal überhaupt ermöglichen die WCB Aktivität in einem großen Datensatz von Wettervorhersagen der letzten 20 Jahre systematisch zu analysieren.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass das numerische Wettervorhersagemodell des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) die WCB-#Aktivität bereits ca. drei Tage nach der Initialisierung der Vorhersage in bestimmten Regionen über dem Nordatlantik und Nordpazifik systematisch unterschätzt [4]. Diese Fehler im Modell wachsen in den folgenden 10 Vorhersagetagen weiter an und bleiben danach konstant. Insbesondere die relative Unterschätzung um lokal bis zu 10% des erwarteten Auftretens von WCBs über dem Atlantik ist ein erster Hinweis auf eine Verbindung zwischen der Unterschätzung der WCB-Aktivität und der in einigen Studien in ähnlicher Größenordnung gefundenen Unterschätzung des Auftretens blockierender Hochdruckwetterlagen über Europa. Ein weiteres Ergebnis unserer Studie ist, dass das Auftreten eines WCBs an einem festen Ort bis ca. 8-10 Tage im Voraus möglich ist, was auch der typischen Vorhersagbarkeit des Auftretens eines Tiefdruckgebiets entspricht. Die Fehler in der WCB Aktivität können wir auf Fehler im Feuchtetransport in den unteren und mittleren Schichten der Troposphäre (1-5 km Höhe) zurückführen. Diese Informationen sind wichtig für Modellentwickler, da sie Hinweise geben, wie man Wettervorhersagen insbesondere für sub-saisonale Zeitskalen über 10 Tage hinaus weiter verbessern könnte.


Abb. 2: Durchschnittliche Vorhersagegüte für den WCB Aufstieg (3-6 km Höhe) (Winter, 1997-2017). Ein Fair-Brier-Skill-Score von 1 impliziert eine perfekte Vorhersage und einer von 0 bedeutet, dass die Vorhersage nur so gut ist wie eine einfache Referenzvorhersage, die auf einer klimatologischen Statistik beruht.
 

Insgesamt zeigt unsere Studie erstmals die Fehler der numerischen Vorhersagemodelle im Erfassen der WCB-Aktivität auf und weist darauf hin, dass eine bessere Repräsentation der Prozesse im WCB zu einer Verbesserung der Vorhersage von blockierenden Hochdruckwetterlagen führen könnte. Diese Verbindung zwischen WCBs und verschiedenen großräumige Wetterlagen aufzudecken ist Gegenstand unserer aktuellen Forschung.

Literatur:

[1] Büeler, D., Ferranti, L., Magnusson, L., Quinting, J. F., Grams, C. M. (2021). Year-round sub-seasonal forecast skill for Atlantic-European weather regimes. Quarterly Journal of the Royal Atmospheric Society, https://doi.org/10.1002/qj.4178

[2] Quinting, J. F., & Grams, C. M. (2021). Toward a Systematic Evaluation of Warm Conveyor Belts in Numerical Weather Prediction and Climate Models. Part I: Predictor Selection and Logistic Regression Model. Journal of the Atmospheric Sciences, 78(5), 1465-1485, https://doi.org/10.1175/JAS-D-20-0139.1

[3] Quinting, J. F., & Grams, C. M. (2021). EuLerian Identification of ascending Air Streams (ELIAS 2.0) in Numerical Weather Prediction and Climate Models. Part I: Development of deep learning model. Geoscientific Model Development, in discussion. https://doi.org/10.5194/gmd-2021-276

[4] Quinting, J. F., C. M. Grams, A. Oertel, and M. Pickl, (2021): EuLerian Identification of Ascending air Streams (ELIAS 2.0) in Numerical Weather Prediction and Climate Models. Part II: Model application to different data sets. Geoscientific Model Development Discussions, 1–24, https://doi.org/10.5194/gmd-2021-278

[5] Wandel, J., Quinting, J. F., & Grams, C. M. (2021). Toward a Systematic Evaluation of Warm Conveyor Belts in Numerical Weather Prediction and Climate Models. Part II: Verification of operational reforecasts. Journal of the Atmospheric Sciences, https://doi.org/10.1175/JAS-D-20-0385.1


Jan Wandel, Nachwuchsgruppe: “Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit” 

LINK: https://www.imk-tro.kit.edu/english/7425.php