Bessere Vorhersagen für tropische Wirbelsturmaktivität bis zu fünf Wochen in die Zukunft

Eine Kombination aus statistischen und dynamischen Vorhersageansätzen schlägt alle bisherigen Verfahren ab der zweiten bis dritten Vorhesagewoche.

In den Tropen und Subtropen verursachen tropische Wirbelstürme jährlich hohe Schäden und fordern regelmäßig auch Menschenleben. Im Nordatlantik werden sie mit einem Namen versehen, wenn die maximalen Winde über dem Ozean mehr als 63 km/h betragen, ab einer Stärke von ca. 120 km/h werden sie dann als „Hurrikan“ eingestuft. Im Zeitraum 1990–2020 traten im Mittel jeweils 14 benannte Stürme bzw. 7 Hurrikane auf. Während mit dynamischen Modellen in den letzten beiden Jahrzehnten deutliche Fortschritte in der Vorhersagegüte der Zugbahn und Intensität der Stürme für die nächsten zwei bis fünf Tage erzielt wurden, sind dynamische Modellvorhersagen für die nächsten Wochen im Nordatlantik nicht besser als eine klimatologische Vorhersage. Im Gegensatz dazu haben auf statistischen und dynamischen Modellen basierende Vorhersagen für die gesamte nordatlantische Hurrikansaison von Juni–November häufig eine bessere Güte als die Klimatologie.

In einer kürzlich in der US Fachzeitschrift „Weather and Forecasting“ erschienenen Studie zeigen IMK-TRO Doktorand Michael Maier-Gerber und seine Ko-Autoren (2021, DOI: 10.1175/WAF-D-21-0020.1), dass statistisch-dynamische (sogenannte „hybride“) Vorhersagemodelle sowohl die Klimatologie als auch die dynamischen Modelle ab der zweiten bis dritten Vorhersagewoche deutlich an Vorhersagequalität überbieten können. Dies ist in der Abbildung 1 für den Golf von Mexiko und die zentrale Entwicklungsregion im tropischen Atlantik anhand der prozentualen Verbesserung des „Brier Skill Scores“ zu erkennen, der Vorhersagen zum Auftreten tropischer Zyklonen (ja/nein) auswertet. „Die Vorhersageverbesserung ist darauf zurückzuführen, dass die Umgebungsbedingungen, in denen die Stürme entstehen, wie z.B. die Wassertemperaturen des Ozeans oder die Wirbelstärke und Feuchte in der unteren Troposphäre von den dynamischen Modellen längerfristig vorhergesagt werden können und in dem statistischen Ansatz dann mit klimatologischen Informationen optimal kombiniert werden“ erklärt Maier-Gerber. In Abbildung 2 ist erkennbar, welche Gruppe von Vorhersagevariablen ("Prädikatorengruppe") in welcher Woche zur Vorhersagegüte in den beiden oben genannten Regionen beitragen. Neben den bereits genannten Faktoren sind es Vorhersagen großskaliger tropischer Wellenphänomene und im Golf von Mexiko auch von extratropischen Einflüssen. „Der Gewinn in der Vorhersagegüte erscheint vielleicht nicht allzu hoch, aber das hybride Modell gewinnt auch bei der Vorhersage der Stärke des tropischen Sturms und je nach Verhältnis von Vorsorgekosten zu deren Nutzen hat es jetzt schon potentielle ökonomische Vorteile gegenüber den anderen Methoden“ sagt Andreas Fink, einer der Ko-Autoren der Studie. „Wegen des geringen Signal-zu-Rausch Verhältnisses in den dynamischen Modelldaten konnten ebenfalls getestete Methoden des maschinellen Lernens den im Hybrid-Modell verwendeten einfacheren Ansatz nicht schlagen“, sagt Maier-Gerber, der die Untersuchungen im Rahmen seiner Doktorarbeit im DFG Transregio „Waves to Weather“, Teilprojekt C3 (https://www.wavestoweather.de/research_areas/phase2/c3/index.html) durchführte. 

„Die in dieser Studie verwendeten hybriden Vorhersagmethoden werden bei anderen Wetterphänomenen mit geringer Vorhersagbarkeit gegenüber Wettervorhersagemodellen ebenfalls überlegen sein“, ist sich Andreas Fink sicher. Dazu gehören zum Beispiel Gewitterregen in den westafrikanischen Tropen. Hierzu laufen gerade ebenfalls Studien im obengenannten DFG Transregio https://www.wavestoweather.de/research_areas/phase2/c2/index.html.

Abbildung 1 (© M. Maier-Gerber): Brier Skill Score (BSS; %) als Funktion der Vorhersagewoche für die Modelle „saisonal variierende Klimatologie“ (CSC, grau), „optimierte saisonal variierende Klimatologie“ (CSCopt, schwarz), „Wettervorhersagemodel“ (S2STC hellblau), „korrigiertes (d.h. kalibriertes) Wettervorhersagemodell“ (S2STCcal, dunkelblau), sowie „rein statistisches“ (orange) bzw. „statistisch-dynamisches“ (rot) Modell. Die Güte wird relativ zur saisonal konstanten Klimatologie berechnet. (a) Golf von Mexiko und (b) zentrale Entstehungsregion.
Abbildung 2 (© M. Maier-Gerber): Wie in Abb.1, aber nur für die optimierte saisonal variierende Klimatologie, sowie die rein statistischen und statistisch-dynamischen Modelle. Die grauen Schattierungen stellen Verbesserungen im BSS bei sukzessiver Einbeziehung verschiedener Prädiktorengruppen dar. „Genesis Potential Index“ (GPI) bezieht sich dabei auf Wirbelstärke, Luftfeuchte und vertikale Windscherung. Man beachte, dass (a) und (b) sich dadurch unterscheiden, dass die Reihenfolge der Einbeziehung für die ersten beiden Prädiktorgruppen umgekehrt ist. Zur besseren Visualisierung wurden unterschiedliche y-Achsenbereiche verwendet.

Arbeitsgruppe: Atmosphärische Dynamik