Untersuchung der konvektiven Grenzschicht im Inntal während CROSSINN
Eine hochauflösende Erfassung der Entwicklung der konvektiv angetriebenen Grenzschicht bleibt nach wie vor eine zentrale Herausforderung innerhalb der Grenzschichtmeteorologie. Heutzutage kann eine angemessene zeitliche Auflösung der Messung der Grenzschichtobergrenze mithilfe von Doppler-Lidaren, Mikrowellen-Radiometern oder Ceilometern erreicht werden. Im Gegensatz dazu benötigt eine vergleichbare horizontale Auflösung jedoch sowohl zahlreiche fortschrittliche Instrumente, als auch gewisse Annahmen bezüglich der Strömungseigenschaften. Wenn eine Messung in horizontal heterogenem und bergigem Gelände durchgeführt wird, wie z.B. in einem Alpental, kann die Gültigkeit dieser Annahmen nicht in allen Fällen vorausgesetzt werden. Zum Beispiel wäre eine Punktmessung der Grenzschichtobergrenze oberhalb eines Talhangs ungenügend repräsentativ für den Rest des Tals. Deswegen ist es von großer Wichtigkeit, hochwertige räumige Erkenntnisse über die Grenzschichtobergrenze im bergigem Gelände zu gewinnen, was anhand einer passenden Messstrategie erreicht werden kann.
Um das Verständnis von Prozessen zu verbessern, die für die räumliche und zeitliche Entwicklung der Grenzschichtobergrenze in Alpentälern verantwortlich sind, wurde im Inntal, Österreich eine spezielle Feldkampagne durchgeführt. Der Messeinsatz der Kampagne CROSSINN (Cross-valley flow in the Inn Valley investigated by dual-Doppler lidar measurements) fand zwischen 1. August und 13. Oktober 2019 statt. Zahlreiche Datensätze wurden mittels eines bestehenden Netzwerk von oberirdischen Flusstürmen und Fernerkundungsinstrumenten gewonnen. Dazu zählten drei Energiebilanz- und Turbulenzmesssysteme, sechs Doppler-Lidare, ein Ceilometer, ein Raman-Lidar und ein Mikrowellen-Radiometer, sowie Sondierungen mittels Radiosonden und Flugzeugmessungen während Intensivmessphasen.
Von besonderem Interesse sind drei Leosphere Windcube WLS200s Doppler-Lidare, die zum KITcube Beobachtungssystem des IMK-TRO gehören. Diese Messgeräte erfassen nicht nur die radiale Windgeschwindigkeit und die Rückstreuung, sondern auch die spektrale Breite innerhalb des Pulsvolumens, welche von Scherungs- sowie Auftriebseffekten aufgrund von Turbulenz dominiert ist. Diese Eigenschaft der spektralen Breite kann für die Feststellung der Grenzschichthöhe verwendet werden, da die freie Atmosphäre nahezu ohne Turbulenz ist. Ein Beispiel dafür ist in Abb. 1 dargestellt. Nachdem ein vertikaler Querschnitt der spektralen Breite von allen drei Doppler-Lidaren zusammengestellt ist, kann die Grenzschichtobergrenze für jedes vertikale Profil bestimmt werden, indem von unten nach oben eine Ünterschreitung des Schwellenwertes von 0.44 m/s gesucht wird (Abb. 1). Die auf diese Weise gewonnene Grenzschichtobergrenze entspricht der Obergrenze von konvektiv angetriebenen Wirbeln, die typischerweise von starkem Vertikalaufwind geprägt sind.
Das Potenzial der neuen Methode kann durch Validierung mithilfe von Grenzschichtobergrenzen eingeschätzt werden, die aus der traditionelleren Richardson Methode gewonnen wurden (Abb. 2).
Da die neue Methode für konvektiv angetriebenen Bedingungen zwischen ungefähr 06:00 und 14:00 UTC angepasst worden ist, bleibt ihre schlechtere Leistungsfähigkeit zwischen 15:00 und 21:00 UTC offensichtlich. Dieses Zeitfenster ist einerseits von einem negativen bodennahen sensiblen Wärmefluss ausgeprägt, der keine Konvektion unterstützt. Anderseits war innerhalb dieses Zeitraums eine sogenannte Talquerzirkulation vorherschend, deren stark ausgeprägter dynamischer Charakter die ganze Talatmosphäre erfasste, sodass die notwendige Unterschreitung des Schwellenwertes oft fehlerhaft war.