Gewitter im Sahel beeinflussen Wettervorhersagen für Europa

Im westafrikanischen Sahel formieren sich sommerliche Gewitter so häufig zu sogenannten mesoskaligen konvektiven Systemen wie nirgends sonst auf der Welt. Diese langlebigen, schnell propagierenden Systeme erstrecken sich über mehrere hundert Kilometer und tragen 90% zum Niederschlag in der Region bei. Alle aktuellen Wetter- und Klimamodelle erfassen Gewitter durch vereinfachte Parametrisierungen, worunter die Qualität der simulierten Niederschläge einzelner Gewitterstürme und der gesamten westafrikanischen Monsunzirkulation leidet.

Um den Einfluss dieses Defizits auf die globale Wettervorhersagen zu untersuchen, haben wir eine Reihe von Experimenten mit ICON, dem Vorhersagemodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD), durchgeführt. Wir haben dabei zwei Arten von Simulationen verglichen: die erste namens PARAM nutzt die Konvektionsparametrisierung global, während bei der zweiten namens EXPLC eine horizontale Gitterverfeinerung über Westafrika es erlaubt, Prozesse auf kleineren räumlichen Skalen zu erfassen, so dass die Parametrisierung abgeschaltet werden kann. Folglich können mesoskalige konvektive Systeme im Sahel realistischer modelliert und deren globaler Einfluss abgeschätzt werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Nature Communications (Pante & Knippertz 2019) veröffentlicht.

Abbildung 1a zeigt wie die explizite Darstellung der Konvektion die starke Überschätzung von Niederschlag im Sahel in PARAM reduziert und den Tagesgang deutlich verbessert. Diese Verbesserung verändert die simulierte Meteorologie über Westafrika durch verschiedene Mechanismen, die im Artikel beschrieben werden. Die Verbesserung zeigt sich im Modell bald auch auf dem angrenzenden Atlantik und dann in Europa einerseits und im südlichen Afrika und dem Indischen Ozean andererseits. Die Ausbreitung geschieht entlang sogenannter Wellenleiter, Bereiche der Atmosphäre, in denen Information schnell transportiert werden kann. Im Endeffekt führt dies zu verbesserten 5–8-Tagesvorhersagen in den mittleren Breiten, insbesondere in Europa (Abbildung 1b). Die Vorhersagequalität wird in den untersten ca. 20km der Atmosphäre und in allen für die Meteorologie wichtigen Größen (Druck, Temperatur, Feuchte und Wind) verbessert. Die für diese Experimente zusätzlich benötigte Rechenzeit ist im Vergleich zu anderen Ansätzen zur Modellverbesserung moderat. Wir hoffen mit unseren Ergebnissen operationelle Wetterdienste dazu zu motivieren, sich noch stärker mit den bekannten Unsicherheiten der Modelle in den Tropen auseinanderzusetzen.

 

 

Abbildung 1 a Tagesgang des Niederschlags im Sahel. Simulationen mit expliziter Konvektion (blau) stimmen deutlich besser mit Beobachtungen (schwarz: Satelliten-basierte Niederschlagsschätzung) überein als Simulationen mit Konvektionsparametrisierung (rot). b Verbesserung der Vorhersagen über Europa. Differenzen im mittlere quadratische Fehler (gängiges Gütemaß für Wettervorhersagen) zwischen EXPLC und PARAM zeigen den positiven Effekt (blaue Farben), den explizite Konvektion im Sahel auf 5–8-Tagesvorhersagen über Europa hat. Geopotential (Z), eng verknüpft mit dem atmosphärischen Druck, Temperatur (T), spezifische Feuchte (Q), Windgeschwindigkeit (S) und -vektor (V) werden auf fünf Vertikalniveaus zwischen 1,5 und 18 km Höhe verbessert.

 

Arbeitsgruppe: Atmosphärische Dynamik  
https://www.imk-tro.kit.edu/5874.php
Autoren: G. Pante und P. Knippertz
24. Januar 2020

 

Literatur: Pante, G. und Knippertz, P.: Resolving Sahelian thunderstorms improves mid-latitude weather forecasts, Nat. Commun., 10, 3487, https://doi.org/10.1038/s41467-019-11081-4, 2019.