Mehr Hagel und stärkere Gewitter durch Klimawandel?
Deutschland steuert auf eine Zukunft mit steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels zu, während gleichzeitig durch Elektrifizierung und strengere Emissionsvorgaben vermutlich sauberere Luftbedingungen entstehen. Diese sich wandelnden Umweltfaktoren werfen die zentrale Frage auf: Wie werden sich schwere konvektive Stürme unter wärmeren und weniger verschmutzten Bedingungen verändern? Diese Studie untersucht dies, indem drei Superzellenereignisse mit dem hochauflösenden ICOsahedral Non-hydrostatic (ICON)-Modell simuliert werden.
Die untersuchten Fälle stammen aus den Swabian MOSES-Feldkampagnen der Jahre 2021 und 2023. Um zu analysieren, wie sich diese Stürme in einem wärmeren Klima entwickeln könnten, nutzt die Studie den Pseudo-Global-Warming-Ansatz, bei dem atmosphärische Bedingungen an projizierte Temperaturanstiege angepasst werden. Zusätzlich werden Aerosoleinflüsse auf Wolken und Niederschlag über ein Zwei-Momenten-Mikrophysikschema berücksichtigt. Vier Erwärmungsszenarien ermöglichen eine detaillierte Analyse sowohl thermodynamischer als auch mikrophysikalischer Veränderungen.
Insgesamt zeigen die Simulationen, dass höhere Temperaturen die konvektive Aktivität deutlich verstärken. Wärmere Bedingungen fördern stärkere Aufwinde, begünstigen die Ausbildung intensiverer Stürme und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Superzellen. Dadurch nehmen die Niederschlagsmengen zu, und Extremereignisse wie Sturzfluten und schwere Hagelstürme werden intensiver. In mehreren Fällen übertreffen die Niederschlagszunahmen 7 % pro Kelvin Erwärmung und liegen damit über den durch die Clausius–Clapeyron-Beziehung erwarteten Werten. Diese Super-Clausius-Clapeyron-Skalierung deutet darauf hin, dass dynamische und mikrophysikalische Prozesse den Niederschlag zusätzlich verstärken.
Ein besonders wichtiges Ergebnis betrifft die Hagelbildung. Bei geringeren Konzentrationen von Wolkenkondensationskernen (Cloud Condensation Nuclei, CCN) wachsen Hagelkörner deutlich stärker, und die von großem Hagel betroffene Fläche kann sich um bis zu 400 % ausdehnen. Obwohl sauberere Luft weniger Aerosole bedeutet, können dadurch Bedingungen entstehen, die intensiveren und weiter verbreiteten Hagel begünstigen. Niedrige CCN-Werte gehen außerdem mit einem geringeren Verhältnis von Kalt- zu Warmregenbildung und einer niedrigeren Niederschlagseffizienz einher. Auffällig ist, dass diese Aerosoleffekte in allen Erwärmungsszenarien ähnlich bleiben und somit weitgehend unabhängig von der Temperatur auftreten.
Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Deutschland – und Mitteleuropa insgesamt – mit intensiveren konvektiven Wetterereignissen in einem wärmeren Klima rechnen muss. Häufigere und stärkere Superzellen, heftigere Niederschläge, größerer Hagel und vermehrte Sturzfluten könnten zunehmend auftreten und unterstreichen den Bedarf an verbesserten Vorhersagen, Risikobewertungen und Anpassungsstrategien.
Den Pre-Print zum akzeptierten Artikel finden Sie unter: https://egusphere.copernicus.org/preprints/2025/egusphere-2025-3069/egusphere-2025-3069.pdf