Wie weit in die Zukunft können wir großräumiges Wetter vorhersagen?

Die Qualität von Langfristwettervorhersagen hängt von der Jahreszeit, der zu erwartetenden Wetterlage und externen Faktoren rund um den Globus ab.

Vor einigen Jahrzehnten waren Wettervorhersagen mehr als zwei Wochen in die Zukunft kaum vorstellbar. Heute behaupten gewisse Wetter-Apps vorhersagen zu können, ob die geplante Grillparty in drei Wochen ins Wasser fällt oder nicht. Sind solche Prognosen vertrauenswürdig? Tatsächlich waren die letzten Jahrzehnte von einem rasanten Anstieg der Rechenleistung und einer kontinuierlichen Verbesserung numerischer Wettervorhersagemodellsysteme geprägt. Dies hat Wettervorhersagezentren ermöglicht, Vorhersagen über zwei Wochen hinaus zu erstellen, was gemeinhin als langfristige oder subsaisonale Vorhersagezeitskala bezeichnet wird. Dennoch sind solche subsaisonalen Vorhersagen noch immer mäßig bis wenig zuverlässig und daher ein stark wachsendes Forschungsgebiet. Da die chaotische Eigenschaft der Atmosphäre es uns niemals erlauben wird, einen lokalen Schauer in drei Wochen vorherzusagen, zielen subsaisonale Vorhersagen darauf ab, die Eintrittswahrscheinlichkeit für großräumige Wetterlagen, beispielsweise Wetterregime, vorherzusagen. Wetterregime sind großräumige Zustände der Atmosphäre der mittleren Breiten, die mehrere Tage bis Wochen andauern und den Wetterverlauf bei uns größtenteils bestimmen. Da zahlreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Sektoren wie die Energiewirtschaft, das nationale Gesundheitswesen oder die Landwirtschaft stark von der Entwicklung solcher Wetterregimen beeinflusst werden [1, 2, 3], ist es wichtig zu verstehen, wie gut heutige subsaisonale Vorhersagemodelle Wetterregime vorhersagen können.

Bisherige Studien haben vor allem subsaisonale Wetterregimevorhersagen im Winter ausgewertet, wenn die Atmosphäre tendenziell am besten vorhersagbar ist. Eine neue Studie unserer Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit Kollegen des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) [4] hat nun erstmals untersucht, wie gut subsaisonale ECMWF-Vorhersagen sieben verschiedene atlantisch-europäischen Wetterregime (Abb. 1, links) ganzjährig vorhersagen können. Eine erste wichtige Erkenntnis ist, dass die Fehler in der Auftretenshäufigkeit der Regime im Sommer am größten und im Winter am kleinsten sind. Einige dieser Fehler können durch konsistente Fehler in der Regimedauer, der Anzahl der Regime-Lebenszyklen und den Übergängen zwischen den Regimen erklärt werden. Eine zweite wichtige Erkenntnis ist, dass die Regime im Durchschnitt bis etwa zwei Wochen in die Zukunft vorhergesagt werden können. Im Winter ist dieser Regimevorhersagehorizont etwa 5 Tage länger als im Sommer und Frühling, und etwa 3 Tage länger als im Herbst (Abb. 1, oben rechts). Der ganzjährige Vorhersagehorizont ist tendenziell am längsten für das „Zonal Regime“ und das „Greenland Blocking“, was durch deren hohe Persistenz im Winter bedingt ist, die eine solide Vorhersagbarkeit über 3 Wochen hinaus ermöglicht. Im Gegensatz dazu ist der Vorhersagehorizont für das „European Blocking“ 3 bis 5 Tage kürzer als für alle anderen Regime (Abb. 1, unten rechts), was in allen Jahreszeiten der Fall, im Winter und Frühling jedoch am stärksten ausgeprägt ist.

Die Studie zeigt außerdem Möglichkeiten auf, welche die subsaisonale Vorhersagegüte für Regime verbessern kann. So kann der Vorhersagehorizont zum Beispiel um mehrere Tage erweitert werden, wenn die Regime innerhalb eines mehrtägigen Zeitfensters anstatt täglich vorhergesagt werden. Weiter ermöglichen globale Telekonnektionen, die auf langsameren (saisonalen) Zeitskalen variieren, erhöhte subsaisonale Vorhersagbarkeit in den mittleren Breiten. Zwei wichtige solche Telekonnektionen ergeben sich aus dem stratosphärischen Polarwirbel (SPW) im Winter (siehe auch unseren früheren News-Artikel) und der durch die Madden-Julian Oszillation (MJO) gesteuerten tropischen Konvektion. Die Studie zeigt, dass der durchschnittliche Regime-Vorhersagehorizont im Winter nach einem anomal starken SPW tendenziell erhöht, nach einem anomal schwachen SPW allerdings eher reduziert ist. Ebenso sind die ganzjährigen Regimevorhersagen tendenziell besser, wenn sich die mit der MJO verbundene tropische Konvektion über dem maritimen Kontinent und dem westlichen bis zentralen Pazifik befindet, aber schlechter, wenn sie sich über dem Indischen Ozean befindet.

Abb. 1: Links: Mittlere geopotenzielle Höhe der 500-hPa-Fläche (Konturen) und zugehörige Anomalien (Farbe) der sieben atlantisch-europäischen Wetterregime in ERA-Interim. Oben rechts: Durchschnittliche Regime-Vorhersagegüte während der vier Jahreszeiten der subsaisonalen ECMWF-Vorhersagen. Unten rechts: Ganzjährige Vorhersagegüte für einzelne Regime. Ein Brier-Skill-Score von 1 impliziert eine perfekte Vorhersage und einer von 0 bedeutet, dass die Vorhersage nur so gut ist wie eine einfache Referenzvorhersage, die auf einer klimatologischen Statistik beruht. Quelle: Büeler et al., 2021 [4].

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es unmöglich ist, vorherzusagen, ob ein lokaler Schauer unserer Grillparty in drei Wochen einen Strich durch die Rechnung machen wird. Wir können allerdings wertvolle Abschätzungen über die in mehreren Wochen vorherrschende Großwetterlage machen, was enormes gesellschaftliches und wirtschaftliches Potenzial hat. Die Güte solcher Abschätzungen hängt jedoch stark von der jeweiligen Situation ab: So ist es beispielsweise viel wahrscheinlicher, eine durch ein „Zonal Regime“ gesteuerte langanhaltende milde Periode oder eine durch ein „Greenland Blocking“ ausgelöste Kältewelle im Winter korrekt vorherzusagen als eine durch ein „European Blocking“ entstehende Hitzewelle im Sommer. Trotz dieser bereits bestehenden Vorhersagemöglichkeiten gibt es Potenzial für weitere Modellverbesserungen: So könnte die relativ geringe subsaisonale Vorhersagegüte im Sommer durch eine Reduktion der Modellfehler in der großräumigen atmosphärischen Strömung verbessert werden. Ebenso könnte der Vorhersagehorizont im Winter weiter ausgedehnt werden, indem die Modellierung insbesondere von schwachen SPWs und gewissen MJO-Phasen weiter verbessert wird. Schließlich ist es wichtig, die mit blockierten europäischen Wetterlagen einhergehenden Prozesse besser zu verstehen und zu modellieren, was ein Schwerpunkt der laufenden Forschung unserer Arbeitsgruppe ist. In Anbetracht dessen, dass Hitzewellen, die oft von solch blockierten Wetterlagen ausgelöst werden, in einem sich ändernden Klima höchstwahrscheinlich zunehmen werden, sollte dies sogar ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.

Dominik Büeler / Julian Quinting / Christian Grams, Gruppe Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit (http://www.imk-tro.kit.edu/7425.php)

[1] Beerli, R., and Grams, C. M., 2019: Stratospheric modulation of the large-scale circulation in the Atlantic-European region and its implications for surface weather events. Q. J. R. Meteorol. Soc., 145, 3732–3750, https://doi.org/10.1002/qj.3653

[2] Charlton-Perez, A. J., Aldridge, R. W., Grams, C. M., and Lee, R., 2019: Winter pressures on the UK health system dominated by the Greenland Blocking weather regime. Weather Clim. Extremes, 25, 100218, https://doi.org/10.1016/j.wace.2019.100218

[3] White, C. J., …, C. M. Grams, D. Büeler, …, et al., 2021: Advances in the application and utility of subseasonal-to-seasonal predictions. Submitted to Bull. Amer. Meteor. Soc.

[4] Büeler, D., Ferranti, L., Magnusson, L., Quinting, J. F., and Grams, C. M., 2021: Year-round sub-seasonal forecast skill for Atlantic-European weather regimes. Submitted to Q. J. R. Meteorol. Soc.